Er öffnet die Augen. Diese Wassermassen! Eben noch sah es so aus, als wollten sie alles Feste fortspülen. Seine Bettdecke mitreißen, seinen angstschweißnassen Körper wie ein Stück Holz wegschwemmen, um die eigene Achse wirbelnd. Drei Uhr zehn. Rote Digitalziffern leuchten neben seinem Kopfkissen.
Gestern ist er bei der alten Frau gewesen, wie an jedem Dienstagnachmittag, hat mit ihr eine Tasse Kaffee getrunken, entkoffeiniert, darauf legt sie Wert. Wieder einmal hat sie ihm von der großen Sturmflut damals erzählt, von ihrer Angst, der Kraft des Wassers, von der Zerstörung, so als hätte er diese aufgewärmten Erinnerungen nicht schon hundert Mal gehört. Zeitzeuginnensatt hat er sein Smartphone unter dem Tisch mit Buchstaben gefüttert, hat zwischen hastig getippten Worten aufgeschaut, ab und zu „ja, ja“ gesagt, auf den nächsten Satz im Chat gewartet, auf das Ende der Kaffeestunde.
Nun nistet es in seinem Hirn, das Bild dieser alles überschäumenden Welle, von dem er nicht weiß, ob es in der Altfrauenerinnerung wohnt oder nur in seinem Traum. Am nächsten Dienstag wird er ihr zuhören. Und Fragen stellen.